14.02.2025 | Pressemitteilung des bbk berlin: Fonds für Ausstellungshonorare ausgesetzt und Atelierbestand in akuter Gefahr

Berlins Kultursenator: ”So verstehe ich auch Politik: Für seine Ideen zu kämpfen, dem Gegenwind standzuhalten, ist sexy!” Nicht er muss, wie aus dem ZEITmagazin zitiert, dem Gegenwind standhalten, sondern die Berliner Künstler*innen, denn er kämpft nicht für ihre Interessen und das ist nicht sexy.
Zwei nicht hinnehmbare Entscheidungen gegen die Bildende Kunst in Berlin:
Ausstellungshonorare für bildende Künstler*innen ab 2025 in den Kommunalen Galerien gestrichen
Es gab noch nie Zeiten, in denen bildende Künstler*innen sorgenfrei auf längere Sicht leben und arbeiten konnten. Aber es gab Zeiten, in denen wir uns mit langem Atem und guten Kooperationspartner*innen bessere Arbeitsbedingungen in Berlin erkämpfen konnten. Zu diesen wichtigen Errungenschaften zählten das Ateliersofortprogramm seit 1993, die Recherchestipendien ab 2015 und die Ausstellungshonorare seit 2016. Zwei dieser hart erstrittenen Förderungen stehen jetzt auf dem Spiel und werden durch die aktuellen, massiven Kürzungen im Kulturhaushalt schwer beschädigt.
Am härtesten trifft es wieder die Verletzlichsten dieser Gesellschaft, freiberuflich Arbeitende, in dem die politischen Entscheider*innen den Fonds FABiK für die Ausstellungsvergütung bildender Künstler*innen für 2025 „aussetzen“. Im Papier der Senatskulturverwaltung, das an die Bezirke gerichtet ist, steht: „…werden die bezirklichen Förderfonds … wie folgt freigegeben: … mit der ausdrücklichen Maßgabe, dass daraus auch Honorare für Bildende Künstlerinnen und Künstler, für die zur Verfügungstellung von Kunstwerken für Ausstellungen in den Kommunalen Galerien geleistet werden können.“ Das ist in unseren Ohren unerträglicher Politikersprech, denn es wird scheinbar die gerechte und vereinbarte Bezahlung von Kunstschaffenden in unserem Bundesland angemahnt und im gleichen Satz durch die Möglichkeitsform wissend um die fehlenden Mittel ins Gegenteil gedreht. Die Bezirkskulturfonds umfassen ca. 1,3 Mio. Euro, der FABiK hatte einen Umfang von 650.000 Euro. Es ist eine Milchmädchenrechnung, dass diese Diskrepanz nicht aufzulösen ist. Der Versuch des Kultursenators Joe Chialo und seiner Kulturverwaltung, die Bezahlung der Künstler*innen in die Verantwortung der Bezirke abzuschieben, mit dem Hinweis auf deren vollumfänglich genehmigten, jedoch zumeist verplanten und vertraglich gebundenen Gelder für kulturelle Aktivitäten, ist einfach nur unsolidarisch und einer Verwaltung, die den „Gesellschaftlichen Zusammenhalt“ im Namen trägt unwürdig.
„Zurückstellung“, „Aussetzung“, „Suspendierung“ - viele Begriffe für eine Tatsache: Der Fonds wird zumindest 2025 komplett auf null gesetzt und damit die gerechte Bezahlung der Künstler*innen gestrichen zur „Vorsorge für die verbleibenden Risiken des 3. Nachtragshaushalts“, so die Staatssekretärin Sarah Wedl-Wilson in ihrem Antwortschreiben am 13.02.2025 auf die Anfrage des bbk berlin zu den Kürzungsvorhaben im Bereich Bildende Kunst. „In der Sache endet mit der Aussetzung des FABiKs allerdings ausschließlich die bisherige zusätzliche Finanzierung der Honorarzahlungen.“ Als zynisch ist diese Aussage zu bewerten, denn das bedeutet für ca. 1.200 Künstler*innen in 200 Ausstellungen in 37 kostenfrei zugänglichen Kommunalen Galerien dieser Stadt kein Einkommen mehr!
Es ist ein nicht hinzunehmender Rückschritt, eine anachronistische Entscheidung, das Modell Berlin für die Ausstellungshonorare bildender Künstler*innen, das als Vorbild für andere Bundesländer und Städte in Deutschland gilt und auch international Beachtung und Nachahmung findet, zu zerstören.
Wir fordern: Sofortige Rücknahme der Aussetzung der Ausstellungshonorare!
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30 % des Atelierbestands in Gefahr: Erste Kündigungen wurden von der Kulturraum Berlin GmbH versendet
„Wir können noch überhaupt nicht absehen, welche Häuser und Ateliers genau betroffen sind und kümmern uns mit all unseren Kräften, darum, das Programm zu erhalten.“, so die Atelierbeauftragten für Berlin.
„Wir fordern die Politik nachdrücklich dazu auf, Verantwortung für alle Künstler*innen zu übernehmen, die mit einer verbindlichen Förderzusage Ateliers nutzen und einen rechtssicheren Erhalt der Arbeitsräume zu garantieren! Außerdem müssen eine Neuausrichtung und eine verlässliche Planung für die Weiterentwicklung der Raum-Infrastruktur für Bildende Kunst gemeinsam in Angriff genommen werden.“
Oktober und November 2024: Aufträge, die die Stadt 2025 Geld kosten werden, dürfen wegen der Haushaltssperre nicht erteilt werden. Dies ist nur eine der Maßnahmen von SenFin, die das Arbeitsraumprogramm derzeit stagnieren lassen - und ein Drittel der Ateliers für Bildende Kunst bedrohen.
Damit sind bildende Künstler*innen von den Sparmaßnahmen in einem außergewöhnlich hohen Maß betroffen, denn auch ihre Einnahmemöglichkeiten werden stark beschnitten, Stipendien gekürzt, das Budget für Kunst im Stadtraum minimiert.
Darüber hinaus wurde mit der Kürzung des Betrags für Investitionen um 18 Millionen der weitere und nachhaltige Ausbau von Räumen für Kultur in landeseigenen Liegenschaften weitgehend auf Eis gelegt. Der bisherige politische Kurs auch der aktuellen Koalition, den Erhalt und auch die Schaffung von Räumen für Kunst und Kultur der freien Szene zu priorisieren, dreht sich gerade um 180 Grad.
Das Atelierbüro, das seit über 30 Jahren besteht, ruft zur Unterstützung auf: Nehmt an den Mahnwachen von #BerlinIstKultur teil. Die erste betrifft vor allem die Räume für bildende Künstler*innen: Am Montag, den 17.2. sind das Arbeitsraumprogramm und alle verwandten Themen auf der Agenda des Kulturausschusses. Da geht es um das Kernstück der Künstler*innen-Förderung in Berlin und die Existenz des Atelierprogramms.
Alle wichtigen Informationen und Zahlen sind hier in einem maschinenlesbaren PDF verlinkt: [https://www.bbk-kulturwerk.de/sites/default/files/2025-02/2025_01_Atelierbuero_Infos.pdf]
Eine Bilderstrecke zeigt, welche Qualität die Kunstproduktion in den vom Atelierbüro betreuten Häusern hat. [https://www.bbk-kulturwerk.de/atelierbuero-infos-und-statements]
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, das Atelierbüro als Berliner Institution für die bildenden Künstler*innen mit seinem Bestand zu schützen und zu fördern!
Frauke Boggasch und Birgit Cauer,
Sprecherinnen bbk berlin