17.09.2020 | PM des bbk berlin: Künstlerische Arbeit in Berlin - krisenfest und sichtbar machen

Schon vor der Covid-19-Krise wurde künstlerische Arbeit in Berlin immer stärker prekären Bedingungen ausgesetzt. Die ohnehin schon geringen Einkünfte aus künstlerischer Arbeit reichen immer weniger aus, die in Berlin gestiegenen Lebenshaltungskosten - insbesondere durch Mieten - bestreiten zu können. Der Künstlerberuf gerät dadurch unter wachsenden Druck. Es leidet die Kontinuität und damit die Qualität der künstlerischen Arbeit. Aber es leidet auch die Attraktivität Berlins für Angehörige intellektueller und künstlerischer Berufe. Das wird Berlin insgesamt schaden, wenn nicht gegengesteuert wird. Den Standortvorteil "Billig leben" hat Berlin längst verloren.

Die Covid-19- Krise hat nun deutlich gezeigt, dass Reserven, aus denen auch nur befristete Einnahmeausfälle aus künstlerischer Arbeit finanziert werden können, bei kaum eine*r Künstler*in vorhanden sind. Und vor allem: Diese Krise wird den privaten Kunstmarkt zusätzlich auf lange Sicht beeinträchtigen, weil überall weniger Geld verdient wird, das für Kunst ausgegeben werden kann. Ohnehin ist der private Kunstmarkt für fast alle Künstler*innen nur eine und zumeist nicht die primäre Einkommensquelle.

Die Krise hat aber auch gezeigt, dass niedrigschwellige Zuschuss-und Stipendienprogramme ein schnell wirkendes und zielgenaues Instrument der Künstler*innenförderung sein können.

Berlins Politik sollte deshalb dauerhaft

  • kontinuierliches künstlerisches Arbeiten für die Vielfalt und Breite der künstlerischen Positionen durch Stipendienprogramme, Ankäufe, angemessene Honorare für künstlerische Arbeit und öffentliche Aufträge gewährleisten
  • zugleich die aktuellen Kunstproduktion in Berlin öffentlicher und zugänglicher machen und damit
  • Berlins Rang als kulturelle und künstlerische Metropole von weltweiter Bedeutung und weltweitem Ansehen behaupten und sichern.

Im Einzelnen heißt das:

500 Zeitstipendien
(Titel 68119)

Ein substantiell erweitertes Stipendienprogramm ist dringend erforderlich. Statt nur 55 Recherchestipendien für Bildende Künstler*innen im Jahr sind 500 Zeitstipendien á 8.000 Euro im Jahr nötig. Ein solches Stipendienprogramm wäre ein entscheidender Beitrag dafür, künstlerisches Arbeiten in Berlin in seiner ganzen Vielfalt zu ermöglichen und in Berlin fest - eben auch krisenfest - zu verankern. Die zusätzlichen Kosten stehen zur Wirkung in keinem Vergleich!

Bewerbungen sollen jährlich, nach Gewährung eines Stipendiums erst nach Jahresfrist möglich sein. Das bisherige Wahlverfahren zur Bestimmung der Jurys sollte beibehalten, jedoch gewährleistet sein, dass sie mehrheitlich aus Künstler*innen bestehen.

Bei der Vergabe können wir mit unserer Künstlerförderung GmbH Mitarbeit anbieten.

Es wird eine online-Plattform zur digitalen Präsentation der im Stipendienzeitraum geschaffenen Werke/durch das Stipendienprogramm ermöglichten Projekte geschaffen. Auch diese könnte über unsere Gesellschaft eingerichtet und betrieben werden.

Honorare
(u.a. Titel 68303)

Über die Höhe der Ausstellungshonorare, die bei Förderung einer Ausstellung durch das Land Berlin verbindlich sind, soll mindestens alle 2 Jahre in einer gemeinsamen Kommission aus Vertreter*innen der Senatsverwaltung für Kultur, den Kommunalen Galerien Berlins und des bbk berlin beraten werden. Sie soll ggfs. gemeinsame Empfehlungen zu ihrer Anpassung geben.

Zugleich werden Mindesthonorare, wie in anliegendem Katalog aufgeführt, für sämtliche künstlerischen Leistungen bei öffentlicher Förderung durch das Land Berlin verbindlich.

Ankaufsetat für zeitgenössische Kunst

Es wird ein dauerhafter Ankaufsetat von 2 Mio. Euro p.a. für Ankäufe von Kunstwerken in Berlin lebender und arbeitender Künstler*innen (Berlinische Galerie, Kupferstichkabinett, nbk) eingerichtet. Auch diese Maßnahme würde bei vergleichsweise geringen Kosten erhebliche Wirkung haben:

  • künstlerisches Arbeiten wird unmittelbar gefördert
  • Berlin erwirbt werthaltiges Eigentum und kann
  • die Vielfalt der künstlerischen Arbeit in beispielhaften Positionen in seinen Ausstellungsinstitutionen darstellen.

Temporäre künstlerische Interventionen im Stadtraum
(Titel 81278)

Der Titel für Künstlerische Interventionen im Stadtraum im Kulturhaushalt wird von rd. 400.000 auf 1 Mio. Euro aufgestockt. Auch hier geht es darum, Zugänge zur Kunst zu erweitern und sie der zunehmenden Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes entgegenzusetzen.