17.11.2020 | Offener Brief Intervention Berlin e.V.: Die Lichtenberg Studios müssen bleiben

18.11.2020 - Gute Nachrichten: Es ist vom Tisch!

Seit 2011 betreibt der Verein „Intervention Berlin e.V.“ in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Kunst und Kultur des Bezirksamts Lichtenberg das erfolgreiche internationale Residenzprogramm Lichtenberg Studios.

Nun hat uns das Bezirksamt mit einem Schreiben vom 12.11.2020 kurzfristig und völlig überraschend gekündigt. Danach dürfen wir ab 2021 die Räume nicht mehr nutzen. Damit sind die Lichtenberg Studios geschlossen.

Das Programm für 2021 steht bereits. Alle unsere Anstrengungen, mit denen wir das diesjährige Programm unter strenger Beachtung der Corona-Verordnungen in einer entsprechend reduzierten Form durchführen, scheinen umsonst zu sein. Die Kündigung ist umso hartherziger, da sie gerade während der durch die Corona-Pandemie verschärften schwierigen Situation für Künstler*Innen und Kulturschaffende geschah.

Wir als Verein, die beteiligten Künstler*Innen und Resident*Innen und all jene, die sich in den letzten 10 Jahren dort kennenlernen durften, sind fassungslos und traurig.

Was die konkreten Gründe für die Kündigung und die daraus folgende Schließung der Lichtenberg Studios sind, erschließt sich uns nicht. Die vagen Andeutungen der Zuständigen zeugen von einer gewissen Unkenntnis des Programms und der Leistung der Lichtenberg Studios. Während die ehemalige Bürgermeisterin Christina Emmerich und die Kulturamtsleiterin Katrin Framke die Gründung der Lichtenberg Studios unterstützten und Veranstaltungen besuchten, ließen sich die späteren Verantwortlichen des Bezirks dort kaum blicken.

Vorstellung der Lichtenberg Studios

Seit 2011 Jahren organisiert und betreibt der Verein "Intervention Berlin e. V." unter der Leitung von Uwe Jonas die Lichtenberg Studios im Stadthaus Lichtenberg, Türrschmidtstr. 24, 10317 Berlin. Durch seine langjährige Tätigkeit als Künstler, Kurator, Betreiber des Ausstellungsraums "Neues Problem", Initiator des Künstler-Residenzprogramms in der Gropiusstadt sowie seine vielfältigen Kontakte zu Kuratoren, Museen und zur Berliner und internationalen Kunstszene bringt Uwe Jonas viel Erfahrung und wertvolle Kontakte für die Arbeit als Leiter der Lichtenberg Studios mit. Das und sein großer persönlicher Einsatz ermöglichen ihm die erfolgreiche Führung der Lichtenberg Studios und ein vielschichtiges internationales künstlerisches Programm.

Ein internationales Artist-in-Residence-Programm

Jedes Jahr sind viele Künstler*Innen aus aller Welt (U.S.A., Großbritannien, Indien, Gibraltar, Finnland, Frankreich, Österreich etc.) und natürlich auch deutsche Künstler*Innen und Hochschulklassen für bis zu vier Wochen zu Gast in den Lichtenberg Studios. Die Studios sind Teil eines Netzwerks internationaler Residenzprogramme, sodass es untereinander zu einem Austausch kommt. Internationale Künstler*Innen kommen nach Berlin und Künstler*Innen aus Berlin sind zu Gast in Residenzstätten etwa in Indien (in Kooperation mit dem Goethe-Institut Bangalore), Gibraltar (Gibraltar Cultural Services) und Frankreich (DIEresidenz). Kontakte zu Künstlerhäusern in Österreich und der Region Auvergne-Rhône-Alpes entstehen gerade.

Der Auftakt des Aufenthalts erfolgt mit – auch in kulinarischer Hinsicht – legendären Essen in den Lichtenberg Studios, welche wir auch in diesem Sommer unter Beachtung der Corona-Auflagen im öffentlichen Raum vor den Studios durchführen konnten. Hierbei entstehen für die Resident*Innen erste Kontakte mit der Berliner Kunstszene, indem Kurator*Innen, Künstler*Innen und Interessierte eingeladen werden.

Während des Aufenthalts erfolgen Künstler*Innen-Gespräche mit Werkschauen.

So finden sich überall auf der Welt Menschen, denen Lichtenberg ein geschätzter Begriff ist, die mit guten Erinnerungen an den Aufenthalt im Bezirk in ihre Heimatorte zurückkehrten – und manchmal auch in Berlin blieben, um hier zu arbeiten und zu leben.

Die Lichtenberg Studios sind ein Teil von Lichtenberg

Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum. Die Künstler*Innen erkunden Lichtenberg und setzen sich mit dem Ort auseinander. Die Ergebnisse ihrer künstlerischen Recherche reichen von klassischen Kunstformen bis zu Arbeiten im Stadtraum und Interventionen, die sich mit den örtlichen sozialen und städtebaulichen Gegebenheiten sowie der wechselhaften und bedeutsamen Geschichte des Bezirkes beschäftigen.

Neben den offenen Ateliers der Gastkünstler*Innen werden regelmäßig Ausstellungen in dem kleinen Ausstellungsraum im Erdgeschoß des Stadthauses Lichtenberg sowie an anderen Orten wie z.B. dem Ratskeller Lichtenberg organisiert. Zu den vor Ort entstandenen Werken der Gastkünstler*Innen erschienen bisher 74 kleine, postkartengroße Hefte, die in Lichtenberg verteilt werden. Seit Anfang 2020 entstehen zusätzlich Quartalshefte.

Schließung der Lichtenberg Studios führt zu geringen Einsparungen für den Bezirk

All dies bewerkstelligen wir seit fast einem Jahrzehnt mit geringen finanziellen Mitteln und viel persönlichem Engagement aller Beteiligten und Freunden des Vereins. An dieser Stelle gilt es all jenen zu danken, die seit Jahren Tausende von Stunden ohne Entlohnung in die Realisierung dieses Programms gesteckt haben.

Eine bewährte, offene, bürgernahe, lokal verwurzelte, international vernetzte, kostengünstige und nachhaltige Einrichtung wie die Lichtenberg Studios zu schließen, bedeutet einen Verlust in jeder Hinsicht. Die Einsparung macht Lichtenberg nicht reicher, sondern ärmer. 

Der Verein „Intervention Berlin“ will die Lichtenberg Studios erhalten.

„Intervention Berlin e.V.“ will als Betreiber die Lichtenberg Studios erhalten und sucht deshalb das Gespräch mit den Verantwortlichen des Bezirks Lichtenberg. Der Verein wird die Öffentlichkeit umfassend über die vom Bezirk angekündigte Schließung der Lichtenberg Studios informieren.

Berlin, im November 2020

Intervention Berlin e.V.
Der Vorstand und die Mitglieder
Pasteurstr. 13
10407 Berlin
http://lichtenberg-studios.de/