20.01.25 | Pressemitteilung des bbk berlin: 50 Jahre und kein bisschen leise: Die Druckwerkstatt im kulturwerk des bbk berlin ist eine kollektive Errungenschaft

50 Jahre Druckwerkstatt - Der Kuchen

Wir begehen das 50jährige Jubiläum der Druckwerkstatt im Bethanien Berlin-Kreuzberg – eine Werkstatt von Künstler*innen für Künstler*innen und in ihrer Dimension ein einmaliges Konzept in Europa. 

„Seit einem halben Jahrhundert hat die Druckwerkstatt unzähligen Künstler*innen Raum und Möglichkeiten im Bethanien gegeben, ihre Werke in den verschiedenen Drucktechniken zu realisieren. Mit ihrer technischen Vielfalt und den bezahlbaren Zugängen hat die weltweit einmalige Druckwerkstatt die Rolle Berlins als internationale Kunst- und Kulturstadt mitgeprägt und weiteretabliert. Die Druckwerkstatt ist aus der Berliner Kultur- und Kunstproduktionsgeschichte nicht wegzudenken.“ Mit diesen Worten begrüßte Yehudit Yinhar, Leiterin der Druckwerkstatt seit 2022, die Gäste im Studio 1 im Kunstquartier Bethanien. 

Die erste Druckwerkstatt des bbk berlin wurde 1955 im Berliner Westend eingerichtet. Die Gründer*innen des bbk berlin, unter ihnen Renée Sintenis, Richard Scheibe, Karl Schmidt-Rottluff und Hannah Höch, wussten, wie existenziell die Förderung künstlerischer Produktion und die damit verbundene Verbreitungsmöglichkeit von Kunst ist. Die Wirkung des politischen Plakats wurde in der politischen 68er-Bewegung von Künstler*innen und die Vervielfältigung besonders über den Siebdruck wiederentdeckt. In diese Zeit rückte das ehemaligen Krankenhaus Bethanien, das 1970 endgültig geschlossen worden war, in den Fokus der Szene. Das leerstehende Haus wurde besetzt und Künstler*innen zogen mit ein. Dabei war auch der erste Leiter der Druckwerkstatt, der Künstler Jürgen Zeidler, der als 28-Jähriger die Verantwortung für das herausfordernde Projekt übernahm und an diesem Abend berichten konnte, wie der bbk berlin mit Unterstützung des Berliner Senats 1973 die Wiedereröffnung des Hauses als „Zentrum für Kultur und Soziales mit dem Atelier- und Ausstellungsprogramm der Künstlerhaus Bethanien GmbH“ durchsetzte und die Druckwerkstatt mit ihren Künstler*innen ein neues, beeindruckendes Domizil fand.

„Hier am Mariannenplatz werden Produktionsbedingungen angeboten, die auf dem freien Markt entweder nicht vorhanden oder mit für Künstler*innen unerschwinglichen Kosten verbunden sind.“, betonte die Staatssekretärin Sarah Wedl-Wilson in ihrem Grußwort, „Insofern sind die Druckwerkstatt und das Kulturwerk auch ein Projekt der Selbsthilfe Berliner Künstler*innen. Die Einrichtung bietet der Kunst einen Schutz vor der Dominanz kommerzieller Verwertungszwänge und ist Voraussetzung für ihre Authentizität. Der bbk und das Kulturwerk haben sich seit jeher mit sehr großem Engagement erfolgreich für die Vorhaltung, die Weiterentwicklung und die Finanzierung dieser Infrastruktur eingesetzt. Wir brauchen genau das und vor allem in schwierigen Zeiten: Menschen, die mitdenken, Lösungen finden und Dinge weiterentwickeln, damit sie nicht stehen bleiben.“

Und so können Künstler*innen ihre Projekte und Werke mit geringfügigen Nutzergebühren verwirklichen, ohne kommerziellen Druck zu erfahren. „Mit Unterstützung der Expertise durch die hoch engagierten Mitarbeitenden ist die Druckwerkstatt nicht nur ein Ort der künstlerischen Produktion – sie ist ein Ort der künstlerischen Professionalität, technischen Könnens und handwerklichen Wissens, ein Labor, wo sich Theorie und Praxis treffen. Die Druckwerkstatt bietet Raum für technikübergreifenden Wissenstransfer, Austausch und Zusammenarbeit und ist ein Ort der Inspiration und Weiterentwicklung internationaler zeitgenössische Druckgrafik.“, so Yehudit Yinhar. 

Blick in die Zukunft: 

„Berlin ist auf dem Wege, durch starke planlose Kürzungen, massive und irrreparable Eingriffe in die kulturelle Infrastruktur in Kauf zu nehmen bzw. bewusst vorzunehmen. 
Die Druckwerkstatt im kulturwerk des bbk berlin begann vor 50 Jahren mit einer Vision, einer Notwendigkeit, dass es einen solchen Ort für Produktion braucht. Und viel Engagement auf allen Seiten: der Politik, der Verwaltung und den bildenden Künstler*innen. Nur so kann es gehen. Sonst ist der Preis für die bildende Kunst, die Freie Szene und die gesamte Kulturlandschaft zu hoch.“ Wibke Behrens, Geschäftsführerin des kulturwerk des bbk berlin. 

Das bekräftigte auch Clara Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg: „Das Bethanien wurde von Künstler*innen besetzt, um das Gebäude für die Kunst und die Gemeinschaft zu erhalten. Denn um sich entfalten zu können, braucht es Räume. Das Bethanien und die Druckwerkstatt sind seit 50 Jahren ein bedeutender Ort für die Kreuzberger Kunstszene. Seit ihrer Gründung ist die Werkstatt ein Ort der Solidarität, an dem Kooperation gelebt wird. Berlin ist Kultur! Orte wie die Druckwerkstatt machen Berlin zur lebendigen Kulturstadt und müssen erhalten bleiben. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“

Und Frauke Boggasch schließt ihre Rede zum Jubiläum mit einer klaren Forderung: “Noch wird der hohe Stellenwert der Errungenschaften und Einrichtungen im kulturwerk des bbk berlin durch die Künstler*innen mehrerer Generationen gesehen. Das wissen wir zu schätzen und mahnen trotzdem, Kunst und Kultur weiterhin auskömmlich zu fördern. Es geht nicht nur um Excellenz, es geht um Humus, um Breite, um reiche Ernte auch in der Kunst einbringen zu können. Ein großer Gewinn für das schon bestehende Angebot an die Kunstschaffenden wird die Eingliederung der weltweit renommierte Papierwerkstatt von Gangolf Olbricht sein.“

Wir danken dem Land Berlin und seiner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt für die 50 Jahre der stabilen Kooperation und Förderung, die ungefähr zwei Drittel der bestehenden Kosten für den Betrieb tragen. 

 

Frauke Boggasch und Birgit Cauer,
Sprecherinnen bbk berlin

50 Jahre Druckwerkstatt Jubiläumsparty Studio 1

v.l.n.r.: [1] Frauke Boggasch, Sarah Wedl-Wilson, Yehudit Yinhar, [2] Clara Herrmann, Jürgen Zeidler

Information zur Ausstellung:

Begleitend zeigt die Druckwerkstatt eine Ausstellung mit Werken aus und auf Papier, die Möglichkeiten aufzeigt, was durch die Erweiterung der Werkstatt für die Künstler*innen an neuen Potenzialen und Materialien zu entdecken ist. Während der Werkstattzeiten von Mo 13 – 21 und Di - Fr 9 – 17 frei zugänglich