12.07.2023 | rbb: Kultursenator Joe Chialo: "Noch nie gab es so ein hohes Budget für die Kultur"

rbb Interview mit Kultursenator Joe Chialo zum Stand der Haushaltsverhandlungen Berlin 23/24

12.07.2023 | rbb Interview mit Joe Chialo: Gestern hat der Senat den Haushalt für die nächsten beiden Jahre vorgelegt. Sein Etat sei so hoch wie nie ausgefallen, sagt Kultursenator Joe Chialo. Wir sprechen mit ihm über die Prioritäten, die er darin für den Kulturstandort Berlin setzt. [...] Auzug:

rbbKultur: Da könnte man aber sagen, das sind Dinge, die heute eigentlich State of the Art und nicht wirklich zukunftsweisend sind. Die sollten selbstverständlich dazugehören: Mindestlöhne, Digitalisierung. Wie ich gelesen habe, wollen Sie zum Beispiel 500 neue Kulturräume schaffen. Wie kann denn das funktionieren in einer Stadt, wo mieten, wohnen, leben und arbeiten so teuer geworden ist? Was sind das für Kulturräume?

Chialo: Wenn ich zum ersten Teil Ihrer Frage mal zurückkommen darf: Es ist nicht State of the Art. Bei meiner ersten Rede kamen die gesamten Opernhäuser auf mich zu und haben gesagt: Wir bitten darum, dass die Honoraruntergrenzen, die Mindestgagen nicht als Teil des Budgets gesehen werden, das ihr uns gebt, sondern dass sie praktisch draufkommen. Und das haben wir gemacht. Insofern ist die Freude auch bei unseren Partnern groß.

Aber zu Ihrem weiteren Thema: Neben der Resilienz ist natürlich auch die Raumoffensive hier bei uns ein ganz, ganz wichtiges Thema. Wir haben 2.000 Kulturräume im Bestand, 500 in der Entwicklung - aber wir wollen bis zum Ende der Dekade die Zahl verdoppeln. Das heißt, wir bleiben hier nicht stehen, sondern wir wollen gemeinsam mit unserer Kulturraum GmbH, mit BBK (Berufsverband Bildender Künstler*innen Berlin), mit PROSA (Projekt zur Schaffung künstlerischer Arbeitsräume), mit unseren Partnern dafür sorgen, dass die Kultur in Berlin sich auch weiter räumlich entwickeln kann - und das in einer Situation, in der wir gleichzeitig mit einer Wohnungsnot kämpfen und wo wir versuchen, viele andere Krisen, die es hier in der Stadt auch gibt - unter anderem die Verkehrssituation, die eine sehr große Herausforderung darstellt - den Platz der Kulturschaffenden zu sichern.

rbbKultur: Und was für Kulturräume sind das? Sind das Studios, Ateliers und Proberäume?

Chialo: Absolut richtig, genau. Darum geht es. Als ich hier angetreten bin, hatten wir die Situation, dass mich die Künstler in den Uferhallen kontaktiert haben, weil sie Angst hatten, von dort, wo sie ansässig sind, vertrieben zu werden. Derer haben wir uns angenommen, und ich bin sehr optimistisch, dass wir eine gute Lösung finden werden. Aber das illustriert ganz deutlich, was für Situationen sich Künstler ausgesetzt sehen, wenn es um Räume in dieser Stadt geht. Und da haben wir Antworten, die wir mit hoher Priorität in den nächsten Jahren verfolgen werden.

rbbKultur: Die Berlinale-Leitung hat gestern drastische Sparmaßnahmen angekündigt. Kultur in Berlin – das ist natürlich auch die Berlinale. Könnte der Senat dem Festival stärker unter die Arme greifen?

Chialo: Wissen Sie, wir sind für uns in Berlin immer der Meinung, dass Kultur unsere Schwerindustrie ist. Natürlich versuchen wir, überall zu stützen und zu helfen, damit das Gut, das Berlin auszeichnet und das Berlin Weltrang verleiht, hierbleibt – bzw. dass sich diese Exzellenz, von uns gestützt, auch für die Zukunft weiterentwickeln kann. Insofern bin ich mir ziemlich sicher, dass wir uns damit auch auseinandersetzen werden. [...]

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