30.06.2022 | Petition: Zur Unterstützung der documenta fifteen

Die Sprecherin des bbk berlin, Zoë Claire Miller, gehört zu den Erstunterzeichner*innen der Petition von

Iris Dessler,Zur Unterstützung der documenta fifteen und allen daran Beteiligten

"Die auf der documenta fifteen gezeigte Banner-Installation „People’s Justice“ des indonesischen Kollektivs Taring Padi abzubauen, war richtig und unvermeidbar. Sie bedient sich unter anderem eines antisemitischen Bildvokabulars, das in Deutschland eingesetzt wurde, um die Ermordung von Millionen jüdischer Menschen vorzubereiten und zu legitimieren, und aktualisiert es. Dieses Bildrepertoire, dessen entmenschlichende und diffamierende Wirkmacht bis heute greift, ist inakzeptabel und wir verurteilen seine Zirkulation – unabhängig vom kulturellen oder geografischen Kontext – auf das Schärfste.

Wir sind zugleich davon überzeugt, dass die documenta fifteen ein großartiges, erlebenswertes und zukunftsweisendes Projekt ist, das vielfältige künstlerische Ansätze und ästhetische Praktiken sowie drängende Fragen der Gegenwart aus unterschiedlichen, vor allem post- und dekolonialen Perspektiven verhandelt. Sie gibt Positionen und Stimmen diverser Gruppen eine Bühne, die viel zu oft übersehen, überhört oder marginalisiert werden.

Wir wertschätzen das auf kollektiven Strukturen basierende kuratorische Modell und den prozessualen Charakter der documenta fifteen sowie ihre hohe Achtsamkeit gegenüber Solidarität, Nachhaltigkeit, Ressourcenteilung und Teilhabe.

Dem zu Recht erfolgten Abbau des Werks „People’s Justice“ vom zentralen Friedrichsplatz in Kassel muss eine verantwortungsvolle, transparente und sorgfältige Aufarbeitung folgen – und zugleich eine differenzierte Auseinandersetzung über Themen wie Antisemitismus, anti-muslimischer Rassismus, Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja, Antischwarzen- und anderen Formen von Rassismus und Xenophobie: auch im Hinblick auf die zahlreichen diskreditierenden Angriffe aus rechtspopulistischen Kontexten, mit denen die documenta fifteen bereits im Vorfeld ihrer Eröffnung massiv konfrontiert wurde.

Der Fehler, „People’s Justice“ zu zeigen, darf unseres Erachtens nicht dazu führen, die gesamte documenta fifteen mit ihren hunderten von Künstler*innen und Aktivist*innen und deren eindrucksvollen, wichtigen und bereichernden Beiträgen, pauschal zu verdammen.

Während der hundert Tage der documenta fifteen werden viele Teilnehmer*innen in immer anderen Konstellationen vor Ort sein. Ihnen gilt es Offenheit, Neugier und Gastfreundschaft entgegenzubringen, statt Vorverurteilungen und Generalverdächtigungen.

Wir hoffen und unterstützen es, dass die documenta fifteen innerhalb dieser hundert Tage die ihr eigene, besondere Energie zurückgewinnt, die auf ihrer Schönheit, Dringlichkeit, Mehrstimmigkeit und Großzügigkeit beruht. Allen daran Beteiligten gilt unser großer Respekt und unsere Anerkennung."

https://www.change.org/p/zur-unterst%C3%BCtzung-der-documenta-fifteen-in-support-of-documenta-fifteen